Unterricht, wie die meisten ihn noch aus der eigenen Schulzeit kennen, ist darauf angelegt, in einer recht homogenen Lerngruppe dieselben Lerninhalte zur gleichen Zeit für alle Schülerinnen und Schüler zu vermitteln. Dieses gleichschrittige Lernen wird dann zunehmend schwierig, wenn die Lerngruppe sich in ihren Voraussetzungen unterscheidet, sodass nicht mehr alle zur gleichen Zeit die gleichen abstrakten Inhalte erlernen können: Dann gibt es einerseits Kinder, die sich langweilen, und gleichermaßen Kinder, die überfordert sind. Nur für eine Durchschnittsgröße der Lerngruppe sind die vermittelten Lerninhalte passend zu ihrem aktuellen Leistungsvermögen. Diese “Durchschnitts-Mitte” wird mit der zunehmenden Heterogenität in unserer aktuellen pluralen Gesellschaft auch in den Klassen immer kleiner, die Vielfalt in der Schülerschaft nimmt zu. Mit der vorherrschenden Heterogenität produktiv umzugehen, gilt als eine der aktuellen Herausforderungen im Bildungssystem. Darüber hinaus ist Unterricht in der heutigen Zeit sogar dazu verpflichtet, individuell auf die Lernbedürfnisse der Kinder einzugehen: Das Recht auf individuelle Förderung ist in Paragraph 1 des Schulgesetzes fest verankert. Sowohl die veränderten Unterrichtsvoraussetzungen als auch die Anforderungen an den heutigen Unterricht erfordern also ein verändertes Unterrichtskonzept.
Individualisiertes Lernen
„Die Verschiedenheit der Köpfe ist das große Hindernis aller Schulbildung. Darauf nicht zu achten, ist der Grundfehler aller Schulgesetze, die (…) alles nach einer Schnur zu hobeln veranlassen.“
(Herbart, 1808)
Schon vor über 200 Jahren hat der Philosoph und Psychologe Johann Friedrich Herbart die Schwierigkeit erkannt und gleichermaßen auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Schule die Individualität der Schülerinnen und Schüler und die damit verbundene Heterogenität innerhalb einer Lerngruppe aufgreifen muss. Ein Unterricht, der an der gesamten Lerngruppe orientiert ist, wird kaum mehr jedem einzelnen Kind gerecht. Stattdessen soll jedes Kind von seinem aktuellen Wissensstand aus gefördert werden.